Prozess #5 gegen Brian E. und Nick S.

Am 28.11.2018 fand der 5. Prozess am Amtsgericht Leipzig statt. Die Angeklagten Brian E. und Nick S. wurden schließlich wegen schweren Landfriedensbruchs zu jeweils 1 Jahr und 4 Monaten auf Bewährung verurteilt. Während der Verhandlung beteuerte der erfahrene, durchtrainierte und langjährige Kampfsportler Brian E., er habe Angst vor den Hünen in seiner Gruppe gehabt und sich deshalb nicht entfernt. Zum Zeitpunkt des 13.06. ist das Urteil gegen Nick S. rechtskräftig, der Rechtsreferendar Brian E. befindet sich in Berufung, denn er muss befürchten von seinem Rechtsreferendariat ausgeschlossen zu werden.

Am 28.11.18 begann um 9 Uhr am Amtsgericht Leipzig der fünfte Prozess. Angeklagt waren Brian E. – zum Zeitpunkt der Verhandlung Rechtsreferendar – (vertreten durch Rechtsanwalt Schäfer) und Nick S.

Der Zerspahnungsmechaniker Nick S. lies sich durch den Rechtsanwalt Ronald Mayer vertreten, der auch bereits im Prozess gegen die sogenannte „Gruppe Freital“ als Verteidiger auftrat. Ihnen gegenüber saßen Staatsanwältin Daute und Staatsanwalt Sprinz, die bereits bei mehreren Verhandlungen anlässlich des 11.01.2016 die Anklage vertraten. Die Verhandlung wurde von Richterin Höhme geführt. Erneut erfolgte seitens des Gerichts die Einschätzung einer erhöhten Sicherheitslage, aufgrund derer vor dem Saal Personenkontrollen durchgeführt wurden.

Handys, Feuerzeuge und Glasflaschen müssen abgegeben werden, die Personalien werden kontrolliert. Den Angeklagten wird, wie schon den anderen zuvor, vorgeworfen, am 11.1.16 vermummt mit Äxten, Teleskopschlagstöcken und Eisenstangen 25 Wohnungen, Geschäfte und PKWs beschädigt zu haben, darunter ein Juweliergeschäft, diverse Einkaufsläden und ein Waschsalon. Insgesamt entstand ein Schaden in Höhe v. 113.000€. Ihnen wird zur Last gelegt „unter Kenntnis des gemeinsamen Vorhabens“ daran teilgenommen zu haben. Laut Anklageschrift bestärkten sie das Vorgehen „durch ihr Beisein“. Nach Staatsanwalt Sprinz kam es darauf an, „gewalttätig zu handeln und bedeutenden Schaden zu verursachen“. Ihnen wird daher die Beteiligung an einer  Straftat nach §125 (1) I StGb vorgeworfen. Nick S. sei außerdem schwarz vermummt gewesen. 

Nach der Anklagverlesung erklärt Richterin Höhme, dass das Amtsgericht im Vorfeld schriftlich nach Einlassungen der Angeklagten und Verständigungsgesprächen gefragt habe. Die Angeklagten erklärten sich noch vor Verhandlungsbeginn zu Einlassungen i.S. §257c StVo bereit. Förmliche Absprachen habe es nicht gegeben. Das Gericht sieht es trotzdem als wichtig an, Zeugen zu laden. Rechtsanwalt Schäfer gab für seinen Mandanten Brian E. bekannt das dieser aussagen wolle. Im Anschluss ziehen sich das Gericht, die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung nach einer halben Stunde bereits um 9:30 Uhr zurück, um den weiteren Verfahrensablauf zu besprechen. Die Angeklagten verlassen für die Absprache ebenfalls den Saal. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich mindestens ein Unterstützer der Angeklagten im Publikum, auf den im weiteren Verhandlungsverlauf von Brian E. noch verwiesen wird.

Als um 10:05 Uhr die Verhandlung fortgesetzt wird, weist Richterin Höhme auf die für die Verständigung notwendigen „glaubhaften Geständnisse“ hin. In einem solchen Fall könne das Urteil im Rahmen von einem Jahr und 3 Monaten bzw. einem Jahr und 8 Monaten auf Bewährung ausgesetzt werden. Zusätzlich werden die Angeklagten belehrt, dass das Gericht unter bestimmten Umständen, etwa durch neue Informationen oder einem nicht entsprechenden Prozessverhalten von der Absprache abrücken könne. Rechtsanwalt Mayer stimmt diesem Vorgehen zu, sein Kollege Rechtsanwalt Schäfer, der Brian E. vertritt, jedoch nicht. Die Staatsanwaltschaft stimmt dieser Absprache zu.

Die Einlassungen

Nick S. gibt seine Erklärungen über seinen Anwalt ab. Er sei nach Connewitz gefahren, um „ich sage mal, Präsenz zu zeigen“. Er habe im Vorfeld nicht gewusst, wieviel passiert, habe aber in Kauf genommen, dass etwas passiert. Er sei alleine hingefahren und habe sich vor Ort angeschlossen. Er habe nicht aktiv mitgemacht. Er hätte sich entfernen können, sei aber weiter mitgelaufen. Er habe Fehler gemacht und bereue die Sache. Von ihm lägen keine Handydaten vor. Er habe sich eine Woche vorher mit Leuten getroffen, wie genau will er nicht sagen. Das kommentiert sein Anwalt mit der Aussage, dass er dies nachvollziehbar findet. Er wisse nicht, wie die Organisation abgelaufen sei. In der anschließenden Befragung erklärt Nick S., er wüsste nicht wo er sein Auto abgestellt habe. Er kenne sich in Leipzig nicht aus, gibt aber an, einen ca. 20 Minuten langen Weg zu Fuß gelaufen zu sein. An dem Ort angekommen hätte er eine Gruppe von ca. 200 Personen getroffen. Seine Kleidung sei schwarz gewesen, er habe Schal und Handschuhe dabei gehabt, jedoch keine Schlagwerkzeuge mit sich geführt. Er sei nicht vermummt gewesen, eine Vermummung bei anderen Personen will er nicht erkannt haben. Dass Gewalttätigkeiten begangen worden habe der Angeklagte S. erst zum Schluss bemerkt, er habe sich in der Gruppe „ziemlich hinten“ befunden. Dabei sei ihm aufgefallen, wie der Seitenspiegel eines Autos abgetreten worde. Kommandos und Rufe will er ebenso wenig mitbekommen haben. Auf die Nachfrage von Richterin Höhme, warum er sich nicht entfernt habe, gibt er an, dass ihm die Sachbeschädigungen erst aufgefallen seien, als es schon zu spät war. Seinen Angaben nach lagen zwischen dem Beginn der Gewalthandlungen und dem Eintreffen der Polizei „vielleicht 3, 4 Minuten“. Ob er die Laufrichtung skizzieren könne verneint S. Beim Eintreffen der Polizei habe er die Anweisungen befolgt und nicht zum Ausdruck gebracht, fälschlicherweise in die Gruppe hineingeraten zu sein. Er habe vor Ort niemanden gekannt. Von dem Treffen eine Woche vor dem 11.01. will er niemanden in Connewitz gesehen haben. Er hätte eigentlich zu Legida gewollt, daraufhin in Leipzig  sein Auto abgestellt und sich der Gruppe angeschlossen. Er habe nicht gewusst wo Legida laufe, sei vorher nie in Connewitz gewesen. Während der Festsetzung durch die Polizei habe er ebenfalls niemanden erkannt. Die Nachfrage der Richterin, ob er sich mit der Einziehung seines Schals bereit erkläre, bejaht S. Das eingangs von ihm bezeichnete Vorhaben „Präsenz zu zeigen“ führt S. auf Nachfrage der Staatsanwaltschaft dahingehend aus, dass er darunter verstehe „na Flagge [zu] zeigen, keine Sachbeschädigungen“. Dafür habe es jedoch keinen Anlass gegeben, erklärt S.

Anschließend trägt Brian E., der im Gegensatz zu Nick S. im Anzug erschienen war, seine Erklärung vor. Er erklärt, dass er an der TU Dresden zu studieren begonnen habe, jedoch im Wintersemester 2012/2013 nach Leipzig gewechselt sei, um Jura zu studieren. Zum Zeitpunkt der Verhandlung arbeitet er als Rechtsreferendar am Amtsgericht Chemnitz. In seiner Einlassung, die er selbst vorliest – und dafür sogar aufsteht, bis ihn sein Anwalt darauf hinweist, er könne sich ruhig setzen – gibt Brian E. zu verstehen, er sei immer schon „ein politischer Mensch gewesen“, es sei ihm egal ob links oder rechts. 2014 habe er während des Syrienkriegs an den Leipziger Montagsdemos teilgenommen, die damals noch unpolitisch gewesen seien. Später sei er im Zuge der Flüchtlingskrise politischer geworden, weil der gesellschaftliche Diskurs schärfer geworden sei. Regelmäßig habe er bei Pegida in Dresden teilgenommen. Er bemerkt, dass es dabei „immer friedlich“ gewesen sei. Bei Legida sei dies anders gewesen, da Leipzig anders politisch geprägt sei. Die Teilnehmer dort seien „massiv beleidigt, bespuckt und bedrängt“ worden. Dies habe ihn geprägt. Zu einer AfD-Kundgebung sei er in Leipzig nicht einmal hingekommen. Es seien die Ereignisse vom 12.12. 2015 gefolgt, weswegen er am besagten Tattag anlässlich des „Legida-Geburtstags“ von Connewitz aus an einer Demo hätte teilnehmen wollen. Diese hätte sich „gegen linke Gewalt“ gerichtet und hätte vom Connewitzer Kreuz bis zu Legida führen sollen. Er sei deswegen mit dem Fahrrad zum Kreuz gefahren. Als er in einer Seitenstraße auf eine Gruppe traf habe er niemanden erkannt und es sei ihm unklar gewesen, ob es sich um eine rechte oder linke Demonstration gehandelt habe. Die aus der Gruppe folgende Frage, ob er „ne Zecke“ sei, habe er verneint, woraufhiner er schließlich aufgefordert worden sei, sich der Gruppe anzuschließen. Nachdem er sich angeschlossen habe hätte er erkannt, wie sich einige Personen vermummen. Er bestreitet jedoch, ein Bewusstsein über das Vorhaben, Straftaten zu begehen, gehabt zu haben. Der Mob sei anschließend auf die Wolfgang-Heinze-Straße abgebogen. Am vorderen Ende hätte es ein Zeichen gegeben, woraufhin das Transparent fallen gelassen worden sei, und Leute angefangen hätten alles zu zerstören. Er selbst habe ohne Sturmhaube an der Bewegung teilgenommen. Er räumt ein, er hätte sich überlegen sollen, ob er nicht einfach geht. Als die Gruppe von ca. 30-40 Polizeibeamten eingekesselt wurde, habe er den Anweisungen Folge geleistet. Aus dem Mob sei während der Festsetzung die Ansagen erfolgt, keine Gewalt gegen Polizisten anzuwenden. Auf die Nachfrage, warum er sich nicht von der Gruppe entfernt habe, antwortet der langjährige Kampfsportler und als Türsteher in einem Nachtclub der Leipziger Südvorstadt arbeitende Brian E., er habe „Angst vor den Hünen“ gehabt, die sich in der Gruppe befanden. Er schätzt die Größe der Gruppe auf 300-400 Personen. Im Anschluss inszeniert sich E. als Opfer von linker Gewalt. Es habe eine Outingkampagne gegeben, in deren Folge sein Motorrad mit einem Bekennerschreiben angezündet worden sei. Auf einer Homepage seien Lügen über ihn verbreitet worden. Außerdem habe der Verfassungsschutz mit 6 Personen bei seinem Elternhaus vor der Tür gestanden. In Leipzig habe er sich schließlich selbst mit dem Verfassungsschutz getroffen. Er gibt zu verstehen, dass er weiß das sein Referendariat bei einer Verurteilung von mehr als einem Jahr vorbei sei. Zum Anklagevorwurf äußert E. daher eine Entschuldigung dafür, dass es bei allen Beschädigten zu physischen und psychischen Schäden gekommen sei. Er äußert sich mit den Worten er könne sich „nur entschuldigen und sagen, dass es mir Leid tut“. Vom Moment der Vermummung bis zur Festsetzung hätte es lediglich 5 Minuten gedauert. Er habe Beschädigungen an Autos, Scheiben, sowie Pyrotechnik und Böller wahrgenommen. Der Anklageschrift stimmt Brian E. in dem Punkt zu, den seine Kleidung betrifft. Er habe schwarze Sachen und eine dunkelblaue Mütze dabei gehabt. Er sei jedoch angesichts der Gewalttaten schockiert und „erschrocken“ gewesen, denn er sei „gegen Gewaltexzesse“. Am 11.01.16 war dies E. folgend „noch extremer“, „in [einem] ganz anderen Ausmaß in Connewitz“. Er habe keine Ortskunde gehabt und hätte sich auch den Polizisten gegenüber nicht geäußert, fälschlicherweise in die Gruppe geraten zu sein. Er sei in Handschellen auf die Dimitroffwache gebracht worden. Dort hätten die Festgenommenen ca. eine halbe Stunde bis Stunde warten müssen, bevor sie in einen provisorischen Sammelraum gebracht worden, wo anschließend die Identitätsfeststellung erfolgte. Auch dort hätte er mehrere Gelegenheiten, sich gegenüber der Polizei zu äußern, nicht genutzt. Zur Sache habe er nichts ausgesagt. Dies begründet der Kampfsportler wieder damit, Angst vor den neben ihn stehenden Hünen gehabt zu haben, wo er nichts falschen sagen wollte. Er habe dort niemanden gekannt.

Brian E. äußert auf Nachfragen, ca. eine Woche vorher in bei Pegida oder Legida von dem Vorhaben erfahren zu haben. Während der Handlungen habe er Stöcke, Stiele und „Feuerwerkskörper erkennen können. Auf Nachfrage hin erklärt er, dass die Gesamtheit der Masse Werkzeuge dabei gehabt habe. Es folgt die Befragung durch die Staatsanwaltschaft. Brian E. gibt erneut zu verstehen, er habe sich in einer Nebenstraße angeschlossen. Auf das Kommando „Los Jetze!“ habe der Mob auf einer Hauptstraße angefangen, Zerstörungen zu begehen. Er sei dabei „eher gelaufen, gegangen“ statt gerannt und habe sich zurückfallen lassen. Andere in der Gruppe seien jedoch „zielgerichtet gerannt“. Viele hätten sich vermummt und versucht, Türen von Lokalen und Geschäften einzutreten. Auf die Nachfrage, was er darunter verstehe, ein „politischer Mensch zu sein“ antwortet E. in Folge eines Outings auf einer Internetplattform geprägt worden zu sein. Nachwievor sei ihm egal ob jemand rechts oder links sei und gibt an kein Mensch zu sein, der gegen Flüchtlinge wäre. Als Beweis verweist er auf einen Unterstützer im Publikum, den er als „Kommilitone[n] mit Migrationshintergrund“ vorstellt und der linke Meinungen habe. Wie sich später rausstellt handelt es sich dabei um einen Verbindungsstudenten aus Chemnitz. Ob er sich einem bestimmten Lager zuordnen würde verneint E., er wolle sich „da nirgends festmachen“. Anschließend führt die Staatsanwaltschaft den benannten Artikel der Internetplattform ein und liest aus jenem vor. E. wird gefragt, ob an den Vorwürfen etwas dran sei. Brian E. bestreitet, in der Vergangenheit Dinge wie „Judensau“ gerufen zu haben. Er räumt jedoch ein, „einmal“ ein Thor Steinar-T-Shirt getragen zu haben. In seinem Kampfsportstudio würden unterschiedliche Menschen trainieren. Dem Vorwurf in dem Artikel, er habe zentrale Kader der Identitären Bewegung aus Halle getroffen, stimmt Brian E. zu. Er habe Mario M., eine zentrale Figur der Identitären Bewegung aus Halle getroffen, kenne ihn persönlich jedoch nicht. Aus Fotos von ihm seien seine schwarzen Freunde rausgeschnitten woren. Mit der Befragung enden die Einlassungen.

Beweisaufnahme

Es werden insgesamt 6 Zeug_innen geladen. Drei von ihnen sind Polizeibeamte, die andere Hälfte Anwohner_innen.

Der erste Zeuge, der Polizeibeamte F. wird um 10:55 Uhr geladen. Er beschreibt seinen Einsatz am Abend des 11.01. Dort sei er mit seiner Hundertschaft im Zentrum stationiert gewesen. Als der Funkspruch zu Connewitz erfolgte sei seine Einheit zum Kreuz gefahren. Dort sie seien ausgestiegen und hätten Pyrotechnik wahrgenommen. Er selbst habe gesehen wie Raketen und Leuchtmunition abgefeuert wurden. Er schätzt die Gruppengröße auf ca. 150 Personen. Diese seien gemeinsam losgezogen und seien einheitlich dunkel gekleidet gewesen. Als sein Zug in die Wiedebachpassage einzog und der Mob sie erkannt hätte sei die Gruppe umgedreht und langsam zurückgelaufen. 10 bis 15 Personen hätten versucht über die Zäune in der Auerbachstraße zu flüchten. Das sei jedoch erfolglos geblieben. Seiner Einschätzung nach hätten sie alle Gruppenmitglieder festgesetzt. Er habe den Auftrag nach Connewitz zu fahren um ca. 19:30 Uhr erhalten. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Informationslage von „150 Leuten, die sich versammeln“ gesprochen. Auf Nachfrage der Richterin nach dem Auftreten der Gruppe äußert der Zeuge F., die Gruppe sei „sehr kompakt“ gewesen. Das Geschehen sei „ne Sache von Sekunden“ gewesen. Seitens der Beschuldigten habe es keine Ansprechversuche während der Festsetzung gegeben, stattdessen sei die Gruppe ruhig zurückgegangen. Er habe keine Gewalt gegen Kollegen mitbekommen. Auch in der Wolfgang-Heinze-Straße habe er keine Straftaten beobachten, lediglich die Schäden danach feststellen können. Ob sich vor Einzug in die Auerbachstraße Personen aus der Gruppe hätten entfernen können lässt der Zeuge F. offen. Er könne dazu keine Einschätzung geben.

Der zweite Zeuge, Herr H. (ebenfalls Polizeibeamter) äußert sich knapp. Er habe bis er vor Ort war gedacht, dass es sich um eine linke Versammlung handelte, deren Ziel ein Angriff auf die Polizeiwache in der Biedermannstraße sei. Er äußert ebenfalls keine Vermummung gesehen zu haben. Es wäre „ein schwarzer Haufen“ gewesen. Von der Staatsanwaltschaft wird er gefragt, ob an dem Abend Passanten in Connewitz unterwegs gewesen seien. Dies verneint er mit der Bemerkung „es war ungewöhnlich ruhig“. In der beschuldigten Gruppe habe er keine Gesichter erkannt. In der Befragung durch die Rechtsanwälte der Angeklagten muss sich H. dazu äußern, ob das Revier tatsächlich „öfter“ angegriffen würde. Rechtsanwalt Mayer spekuliert dabei über linke Gewalt. 

Der dritte als Zeuge geladene Polizeibeamte, Herr G., wird um 11:10 Uhr zur Verhandlung geladen. Seine Hundertschaft sei im Stadtgebiet positioniert gewesen. Seine Einheit habe schließlich eine Meldung über eine Spontandemo in Connewitz erhalten. Bereits bei der Anfahrt zum Connewitzer Kreuz habe er Pyrotechnik wahrgenommen. Dort angekommen hätte er eine größere Gruppe von ca. 150 Personen gesehen. Seine Einheit habe zunächst die Bornaische Straße überprüft und sei anschließend in die Wolfgang-Heinze-Straße gefahren. Dort „wurde massiv Pyrotechnik gezündet“. Er habe nur die Hauptgruppierung auf der Wolfgang-Heinze-Str. bemerkt. Er habe an dem Abend drei Züge an Beamten kommandiert. Zwei davon hätten am Kreuz, der Dritte aus Richtung Meusdorfer Straße die Gruppe einkesseln sollen. Urplötzlich sei der Mob in die Auerbachstraße abgebogen. Er selbst habe gedacht, das Revier würde angegriffen. Deswegen habe er einen Zug auf der Wolfgang-Heinze-Straße bleiben lassen, die anderen beiden in die Biedermannstraße kommandiert. Seiner Einschätzung nach „hatten [sie] die komplette Gruppierung eingeschlossen“. Auch in der Auerbachstraße wäre weiterhin Pyrotechnik gezündet worden, jedoch nicht zielgerichtet auf Polizeibeamte gefeuert worden. Ein Widerspruch in seiner Aussage wird erkennbar, als er äußert, es habe keinen Widerstand gegenüber der Festsetzung gegeben. Er bemerkt jedoch Ausbruchversuche in Richtung Wolfgang-Heinze-Straße, dort sei es auch zu körperlichen Attacken gekommen. Ein geringer Teil der Gruppe sei in die Innenhöfe geflüchtet, aber „anscheinend“ kamen alle wieder zurück. Das Klientel beschreibt G. als 

„Schwerpunkt Fußballkientel“, er habe in der Kleidung die Farben vom Halleschen FC und Lok Leipzig erkannt. Dabei handele es sich um ein rechtes Spektrum der Hooliganszene, was sie zum Zeitpunkt der Festsetzung auch überprüft hätten. Auch von Dynamo Dresden habe er die Farben erkennen können. Im Mob seien alle einheitlich schwarz gekleidet gewesen, Hinweise auf eine Verwechslung habe er nicht bekommen. In der Auerbachstraße hätte ein Zaun großteils gefehlt, auf der Wolfgang-Heinze-Straße sei „fast jede Scheibe kaputt“ gewesen. Es sind große Schäden entstanden, was er als „untypisch für eine Spontandemo“ beschreibt. Zu mitgeführten Waffen bemerkt G., er habe von Totschlägern, Zaunslatten mit Nägeln, Sturmhauben und Mundschutz gewusst, die in der Auerbachstraße gefunden wurden. Teilweise seien diese unter die parkenden Autos geschoben worden. Auf der Wolfgang-Heinze-Straße hätte nichts gelegen. Das Transparent hätten sie erst später sichergestellt. In der Auerbachstraße habe er keine Rufe wahrgenommen. Einen Dachstuhlbrand habe es gegeben, deren Ursache sie jedoch nicht klären konnten. Einzelpersonen seien vor Ort nicht unterwegs gewesen. Es hätte die Möglichkeit gegeben, sich auf der Wolfgang-Heinze-Straße aus der Gruppe unbemerkt zu entfernen, er selbst habe das jedoch nicht beobachten können. Während der Festsetzung habe es einen Versuch gegeben, mit einer mit Nägeln bestückten Zaunslatte auf die Beamten loszugehen. In der Befragung durch die Verteidigung äußert der Angeklagte Brian E. selbst eine Frage. Er fragt danach, ob sich der Zeuge Erfahrungen habe, wie wahrscheinlich es in solchen Situationen sei, dass sich eine Person zu erkennen gibt. Der Beamte G. äußert daraufhin, es gab mehrfache Belehrungen und genug Möglichkeiten, sich zu erkennen zu geben.

Der Zeuge Herr P., ein Anwohner, konnte am Tatabend die Zerstörung seines eigenen PKW selbst beobachten. Als der Tumult begann habe er in seinem Arbeitszimmer gesessen. Er sagt, er würde es nicht als Demo bezeichnen. Nach einem ersten Eindruck habe er den Notruf gewählt und sei anschließend wieder zum Fenster gegangen, von wo er das Geschehen auf der Wolfgang-Heinze-Straße beobachten konnte. Er habe gesehen wie Container umgeworfen und versucht wurde sie anzuzünden. Er konnte zwar die Zerstörungen beobachten habe jedoch den Eindruck gewonnen, dass es kein konkretes Ziel gegeben habe. Seiner Einschätzung nach sei die Gruppe mit einer Größe von 100-200 Personen ziemlich aggressiv unterwegs gewesen. Seinem Eindruck nach hätten sich aus dem Mob immer wieder Einzelpersonen gelöst, Schaden angerichtet und seien anschließend wieder in die Gruppe zurückgekehrt. Alles in allem habe das Geschehen einen „sehr organisierten Eindruck“ gemacht. Von der Koburger Brücke aus sei die Gruppe stadteinwärts gelaufen. Nach dem Eintreffen der Polizei habe sie „mehr oder weniger“ den Rückzug angetreten. Dabei ist die Gruppe in die Auerbachstraße eingebogen. Alle Beteiligten seien schwarz gekleidet, einige auch vermummt gewesen. Einzelne seien in die Seitenstraßen ausgeschert um zu flüchten. Er selbst habe eine Gruppe von 40-60 Personen erkennen können, die vor der Kesselung entkommen seien. Sein PKW sei mit runden, länglichen weißen Gegenständen, zerstört worden. Mit Baseballschläger-ähnlichen Schlagwerkzeugen worden alle Scheiben seines PKWs eingeschlagen. Bereits im Prozess gegen die sogenannte „Freie Kameradschaft Dresden“ musste P. als Zeuge aussagen. Sein Auto worde de facto komplett zerstört: alle Scheiben, Seitenspiegel, die Karosserie. Insgesamt ist ihm ein Schaden von über 3000€ entstanden, wovon er knapp die Hälfte selbst tragen musste. Die Staatsanwaltschaft eröffnet die Befragung des Zeugen mit der Frage nach seinen Handlungen und dem 

Geschehen. Der Zeuge äußert dabei, das Fenster zuerst noch offen gehabt zu haben. Als jedoch Pyrotechnik von der Straße die Hauswände hoch geschossen worde, habe er das Fenster geschlossen. Die Handlungen hätten ca. eine viertel Stunde angedauert.

Im Anschluss wird die Anwohnerin W. als Zeugin geladen. Sie habe am Schreibtisch gesessen und sei durch einen Feuerschein auf das Geschehen aufmerksam geworden. Sie beobachtete eine auffällig große Gruppe, die begann, Autos und Schaufenster auf der Straße zu zerstören. Das ergab eine sehr gewalttätige Wirkung auf sie. Aufgrund des Geschehens habe sie die Haustür schließen wollen, was sie schließlich auch machte. An der Haustür angekommen hätte sich ihr Eindruck bestätigt, dass auch Vermummte in der Gruppe waren. Daraufhin sei sie zurück in das 1. OG gegangen um das Geschehen vom Fenster aus weiter zu beobachten. Sie schätzt die Größe der Gruppe auf mehr als 150 Personen, alle seien einheitlich gekleidet gewesen. Die gesamte Gruppe sei sehr homogen gewesen und allgemein vermummt. Sie habe sehen können wie Scheiben mit stockähnlichen Gegenständen zertrümmert worden. Daran hätten sich „sehr, sehr viele beteiligt“. Sie fährt ihre Aussage damit fort, dass es in ihren Augen „keinen [gab], der sich nicht beteiligt hat“. Während des Sammelns auf der Wolfgang-Heinze-Straße sei die Gruppe sehr ruhig gewesen. Auf einen Ruf hin sei das Geschehen losgegangen. Ähnlich geschlossen wie zu Beginn sei die Gruppe beim Rückzug aufgetreten. Mehrmals betont die Zeugin die Homogenität der Gruppe, die für sie zum Ausdruck kam. Zu Beginn des Geschehens hätten sich weitere Personen der Gruppe aus Richtung Herderstraße/Matthildenstraße angeschlossen. Während der Gewalthandlungen habe sie eine Axt erkannt und andere Schlagwerkzeuge. Sie bemerkt, dass definitiv Steine mitgeführt und für Beschädigungen von Wohnungsfenstern genutzt worden seien. Ob diese von der Straße stammen könnten verneint sie. Die Dauer, die das Geschehen einnahm, schätzt die Zeugin W. auf ca. 15-20 Minuten. Die meisten Personen in der Gruppe seien in die Beschädigungen involviert gewesen.

Der letzte zu dieser Verhandlung geladene Zeuge, Herr Q., ebenfalls ein Anwohner, schildert ebenfalls chronologisch das Geschehen. Er habe zu Beginn am Rechner gesessen, als auf einmal Krach aufkam. Er ging zum Fenster, doch nach ca. 5 Sekunden sei ein Aluminiumgeschoss durch sein Fenster geschossen worden. Dieses traf ihn am Arm und hinterlies ein Brandloch auf der Fensterbank. Sein Arm wurde dadurch verletzt, er habe sich später ärztlich behandeln lassen. Dieser Umstand bewirkte einen großen Schock für ihn. Sofort danach schaltete er das Licht aus. Weiterhin habe er mindestens 150 Leute erkennen können. Während des Geschehens flogen Glasflaschen und Steine. Ihm sei sofort klar gewesen, dass da „etwas Krasses ab[geht]“, der Mob sei über die halbe Wolfgang-Heinze-Straße verstreut gewesen. Alle seien dabei dunkel gekleidet gewesen. Seiner Einschätzung nach stammt das 3x5cm große Metallgeschoss was ihn verletzte aus paramilitärischen oder militärischen Kreisen – „sowas hat nur die Bundeswehr oder Polizei oder so“. Es sei aus nordöstlicher Richtung von der Straße auf ihn abgefeuert worden. Zur Verwendung eines solchen Geschosses schätzt der Zeuge, brauche man eine Abschussvorrichtung. Eine solche Abschussvorrichtung wurde später auf der Auerbachstraße festgestellt. Ob es sich um versehentlich durch die Polizei eingesetztes Reizgas handele verneint der Zeuge. Die abgefeuerte Pyrotechnik sei kein normales Feuerkwerk gewesen. Ihm sei an dem Abend ein mehrfacher Schaden entstanden. Sein Fenster, die Gardine und seine Sachen seien beschädigt worden, außerdem entstand ihm ein körperlicher Schaden. Er erlitt Abschürfungen am Arm und eine 1x4cm große Brandwunde. Das Geschoss sei später von der Kripo eingesammelt worden. Auf die Nachfrage nach der Gruppengröße gibt er erneut mindestens 150, eher bis zu 300 Personen an. In dem Haus in dem er wohnt seien mehrere Scheiben zerstört worden. Weiterhin habe er den ersten Kesselungsversuch zwischen Kreuz und der Herdestraße beobachten können. Als sich dieser anbahnte sei die Gruppe in die Auerbachstraße abgeboen. Das Geschehen schätzt er auf ca. 10 Minuten ein. Damit endet die Zeugenbefragung.

Im Anschluss an die Zeugenbefragung schlägt Richterin Höhme als Verfahrensvorschlag vor, zusätzlich die Aktenvermerke und weitere Zeugenaussagen im Selbstleseverfahren nach §251 (1), I StVo einzuführen. Alle an der Verhandlung beteiligten Parteien stimmen dem zu. Anschließend werden die Beschädigungsprotokolle durch die Staatsanwaltschaft vorgelesen. Es folgt die Unterbrechung der Verhandlung für eine Mittagspause von 12:30 Uhr bis 13:30 Uhr.

Als die Verhandlung schließlich fortgesetzt wird, besuchen drei Polizeibeamte als Zuschauer die Verhandlung. Es werden drei Videos als Beweismittel eingeführt. Man hört Sirenen, einen Alarmanalge und Geschrei. In dem Lärm hört man zerbrechendes Glas und dumpfe Schläge. Anschließend werden zwei Notrufe abgespielt. Der erste, 19:25 von einer Anwohnerin, spricht von einer bis zu 200 Personen großen Gruppe, die über die Hildebrandstraße und Biedermannstraße hin zur Wolfgang-Heinze-Straße lief. Der zweite eingeführte Notruf von 19:27 spricht davon, dass die Gruppe über die Biedermannstraße und das Connewitzer Kreuz lief. Dabei war bereits die Rede von „augenscheinlich Rechten“, die dort laufen. Mit der Anhörung der Notrufe endet die Beweisaufnahme.

Es folgt die Klärung der persönlichen Verhältnisse der Angeklagten. Nick S. habe zum Zeitpunkt des 27.11.2018 keine Einträge im Strafregister vorzuweisen. Brian E. ebenfalls nicht. Beide haben damit keine nachgewiesenen Vorstrafen. Der zweifache Vater Nick S., beruflich als Zerspahnungsmechaniker tätig mit einem Einkommen von ca. 1600 Euro Netto, lebt mit seiner Frau und den Kindern zusammen. Einen gemeinsamen Haushalt würden sie seit 3 Jahren führen. Er habe keine Schulden. Brian E., als Rechtsreferendar in Chemnitz tätig weist ein Einkommen von ca. 1.000 Euro aus, habe keine Schulden oder Kinder und wohne in Leipzig in einer Zwei-Personen WG.

Die Plädoyers

In ihrem Plädoyer weist Staatsanwältin Daute auf die Masse hin, die den Beweis der Gewalttätigkeiten geliefert habe. Die Homogenität und das Vorgehen, welches die öffentliche Sicherheit massiv gefährdet habe, sei für das Urteil zu berücksichtigen. Zur Frage wie die Angeklagten beteiligt gewesen seien führt sie aus, dass die Tatherrschaft entscheidend sei, welche sie als bestätigt ansieht. Dafür sei es nicht notwendig, sich eigenhändig an den Gewalttätigkeiten beteiligt zu haben. Allein die Ermöglichung der Gewalt sei das Wesentliche für die Verurteilung. Sie bemerkt zwar, dass es keine Spurentreffer gegeben habe, doch sollte den Angeklagten bei ihrem Mitlaufen klargeworden sein, dass es sich dabei nicht um einen friedlichen Protest handele, sondern Gewalt angewandt werden solle. Die einheitliche Kleidung zeuge von einem gemeinsamen Motiv, die Angeklagten hätten sich nicht zufällig dort befunden. Sie sieht den Anklagevorwurf daher bestätigt. Die Angeklagten haben sich ihrem Plädoyer folgend einer Gruppe von bis zu 250 Personen angeschlossen um aus dieser heraus Sachbeschädigungen zu begehen. Beide Beschuldigten seien den gesamten Zeitraum über Teil der Gruppe gewesen. Brian E. habe eingeräumt ein Teil davon gewesen zu sein. Seiner Einschätzung nach war die Gruppe sogar bis zu 400 Personen groß. Auf eine Nachfrage hin habe er sich der Gruppe angeschlossen. Er selbst habe sich zwar nicht beteiligt, jedoch die Pyrotechnik mitbekommen. Sie sieht es als bestätigt, dass der Angeklagte S. vor Ort war „um Präsenz zu zeigen“. Er habe die Anklagepunkte relativiert, er habe nichts gemacht und niemanden erkannt. Aus den Anwohneraussagen ergebe sich jedoch die Vermummungsabsicht und die gemeinsamen Kommandos als Startsignal. Die Gruppe von 150-250 Personen habe sich immer wieder aufgeteilt und gesammelt, um die Straftaten zu begehen. Unter Hinzuziehung der Zeugenaussagen der Polizeibeamten verfestige sich für sie der Eindruck einer homogenen Masse, die in Blockformation gelaufen sei und auch bis zur Festsetzung ein geschlossenes Auftreten verkörperte. Die in der Auerbachstraße festgestellten Gegenstände hätten die Anklagepunkte „mehr oder weniger eingeräumt“. Es handelt sich demnach um eine vermummte, teils bewaffnete Gruppe. Die Angeklagten hätten ihr Mitlaufen in dieser Gruppe eingeräumt. Die kriminaltechnischen Protokolle zeigten Handschuhe, Quarzhandschuhe, Schlagringe und Hassmasken sowie eine Abschussvorrichtung für 

Munition. Die Staatsanwaltschaft sieht es dabei als erwiesen an, dass sich die Angeklagten die Gewalttätigkeiten mit gemeinsamen Kräften begangen haben und sich dadurch strafbar gemacht hätten. Dabei seien über 23 Geschäfte, eine Privatwohnung und 18 Fahrzeuge zerstört worden. Insgesamt sei ein Schaden von über 100.000 € entstanden. Weiterhin sieht Daute es als erwiesen an, dass für so ein Vorgehen „so viele wie möglich“ zu sammeln nötig gewesen sei, um den Gewalttätern ein Maß an Sicherheit zu bieten. Bei 250 Personen könne man von einer relativen Sicherheit durch die Homogenität und Größe der Gruppe sprechen. Daute kommt nicht umher zu konstatieren, dass es „hätte eskalieren können“, wenn Linke vor Ort gewesen wären. Beide Beschuldigten haben sich in ihren Augen schuldig gemacht. Die aktive 

Tatbeteiligung sei durch das ostentative Mitmarschieren gegeben. Sie richteten Daute folgend den Schaden letztendlich selbst mit an. Entsprechend des im Gesetz nach §125 (a) gegebenen Strafrahmens von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsentzug führt sie zu beiden Angeklagten aus, dass diese zu verurteilen seien. Im Fall von Brian E., des Jura-Studenten und Rechtsreferendars spricht sie davon, er „hätte mehr als alle anderen wissen müssen, dass das nicht rechtens sein kann“. Es habe genügend Fluchtmöglichkeiten gegeben. Brian E. habe das Risiko sein Referendariat zu verlieren in Kauf genommen. Er habe das Risiko gekannt und sich trotzdem darauf eingelassen. Sie hält daher eine Strafe von einem Jahr und vier Monaten für angemessen. Dem Angeklagten Nick S. glaube sie dahingehend nicht, dass er nichts mitbekommen haben will. Der angerichtete Schaden liegt weit über dem Grenzwert für eine Klassifikation als „bedeutender Sachschaden“. Sie fordert für ihn ebenfalls eine Freiheitstrafe von einem Jahr und vier Monaten. Bei beiden könne die Staatsanwaltschaft es jedoch vertreten, die Strafe auf Bewährung auszusetzen. Die dafür nötigen „besonderen Umstände“ sieht Daute wegen den „Geständnissen“, der fehlenden Vorstrafen und der positiven Sozial- und Kriminalprognose gegeben. Beide Angeklagten würden ein geordetes Berufs- und Sozialleben führen. Sie hält als Auflage einen Geldsatz von 1500€ bei Brian E., bei Nick S. ein Maß von 2000 € für angemessen.

Plädoyers der Verteidigung

Rechtsanwalt Mayer, die rechtliche Vertretung für Nick S., sieht keinen Widerspruch zu den Ausführungen der Staatsanwaltschaft. Er stimmt ihr in den wesentlichen Punkten zu. Der Staat müsse hart reagieren, was er seiner Meinung nach auch mache. Eine besondere Härte sieht er nicht als gerechtfertigt an. Für die Angeklagten würde sprechen, dass diese ein Geständnis abgelegt hätten, was besondere Wertung erfahren solle. Mobilfunkdaten würden ebenfalls nicht vorliegen. Gegen sie spreche jedoch die Höhe des Schadens und die massive Gewaltanwendung. Wichtig für die Anklage ist seiner Haltung nach, dass der Beschuldigte Teil der Gruppe sein müsse. Es bräuchte eine gemeinsame Tatplanung und ein gemeinsames Vorgehen. Sein Mandant sei jedoch einfach mitgelaufen und habe von nichts etwas mitbekommen. Eine Vermummung könne ihm nicht nachgewiesen werden, der Vorfall sei über 3 Jahre her. Seitdem existiere eine aufgeheizte Stimmung. Jeden Tag würde es solche Meldung geben. Bereits vor 3 Jahren seien „die Zeiten schon andere“ gewesen. Sein Mandant stünde im Berufsleben. Er findet die Geldauflage zu hoch und fordert ein Strafmaß von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung auszusetzen und dabei eine kleinere Geldstrafe aufzulegen.

Rechtsanwalt Schäfer, der rechtliche Vertreter für Brian E. stimmt der Staatsanwaltschaft ebenfalls hinsichtlich des Sachverhalts zu. Er könne jedoch keine Verabredung erkennen, es gäbe keine SMS o.ä. bei seinem Mandanten. Es stimme jedoch, dass E. hätte erkennen müssen, wann der Zeitpunkt gegeben war um sich zu entfernen. Die Gewalt sei schlimm genug, alle könnten „froh sein, dass nicht mehr passiert ist“. Das fördernde Mitmarschieren reiche als Delikt aus und eine Bestrafung solle abschreckende Wirkung haben, weil die psychische Absicherung der einzelnen Gewalttäter dadurch ermöglicht worde. Die Nachrede über seinen Mandanten im Internet habe jedoch bewiesen, dass dieser es „in dieser Form selbst erlitten” habe, Opfer zu sein. Er hält daher eine Strafe von einem Jahr angemessen und stellt die Beauflagung der Kaution in das Ermessen des Gerichts. Sein Mandant Brian E. äußert sich schließlich selbst noch einmal mit einer Entschuldigung. Er äußert dabei die Gruppe durch sein Beisein gestärkt zu haben, teile jedoch den Vorwurf der Staatsanwältin nicht. Die Verhandlung wird für die Urteilsfindung schließlich für eine viertel Stunde unterbrochen.

Das Urteil

In der Urteilsverkündung sagt Richterin Höhme die Beweisaufnahme habe den Anklagevorwurf bestätigt. Demnach haben sich die Angeklagten nach einer vorherigen Verabredung in Connewitz versammelt und und auf einen gemeinsamen Ruf hin Gewalttätigkeiten gegen Personen und Sachen begangen. Dabei handelte es sich der Richterin zu Folge um eine massive Gewaltausübung. Aus der Gruppe seien immer wieder Personen ausgetreten um Gewalt anzuwenden und anschließend in der Gruppe wieder unterzutauchen. Die Beteiligten seien überwiegend vermummt und mit Schlagwerkzeugen bewaffnet gewesen. „Alle Zeugenaussagen [haben] eingehend bestätigt, dass die Gruppe eine Einheit dargestellt hat, was auch durch die Kleidung bekundet wurde“, so die Richterin. Man könne nur froh sein, dass es nicht zum Zusammentreffen mit dem politischen Gegner kam. „Ansonsten hätten wir hier vermutlich dutzende Körperverletzungen zu verhandeln“, so die Richterin weiter. Wenngleich den Angeklagten keine konkreten Sachbeschädigungen nachgewiesen werden konnten hätten diese durch ihr Mitlaufen die Gruppe bestärkt und so die Taten ermöglicht. Für eine Verurteilung reiche dieser Sachverhalt aus. Es habe nicht im verborgenen bleiben können, dass die Gruppe Waffen mitführte. Im Verhalten des Angeklagten E. sei seine Ängstlichkeit nicht zu erkennen gewesen. Er sei eher gröhlend mitgelaufen. Sie sieht die besondere Schwere der Tat darin, dass das Geschehen äußert gefährlich war und nur duch Glück „nicht mehr passiert“ sei. Der Ort und Tag seien gezielt gewählt worden. Richterin Höhme hält die Angeklagten für schuldig und orientiert sich bei der Strafvergabe am Maß des §125(1) StGb. Dabei berücksichtige sie die fehlenden Vorstrafen, dass die Tat über 3 Jahre zurückliege und beiden positiven Sozial- und Kriminalprognosen hätten. Hinsichtlich des „objektiven Sachverhalts“ hätten die Beschuldigten „glaubhafte Geständnisse“ eingeräumt. Dennoch habe eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestanden. Sie verurteilt Brian E. und Nick S. am 28. November 2018 zu einer Freiheitsstrafe von je einem Jahr und vier Monaten, welche auf Bewährung zu 2 Jahren ausgesetzt werde. Nick S. solle gegen eine Auflage von 1.600€, Brian E. zu 1.000€ auf Bewährung bleiben. Brian E. befindet sich zum Zeitpunkt des 13.06.2019 in Berufung, das Urteil gegen Nick S. ist rechtskräftig.